Alle reden über Teilzeit- aber wer arbeitet überhaupt Teilzeit und warum?

Waren es 2020 noch 10.7% der Männer und 47,3% der Frauen die Teilzeit arbeiteten stieg der Anteil 2023 auf 13,4% der Männer und 50,6% der Frauen ( Quelle )

Wenn man sich die Details näher ansieht, sieht man, dass Männer besonders in der Zeitspanne zwischen 20 und 29 und zwischen 60 und 65 Teilzeit arbeiten. Bei Frauen beginnt die Teilzeitquote bereits ab 15 Jahren mit 31,1%, steigt ab 30 auf fast 50%. Zwischen 40 und 44 sowie ab 60 steigt die Teilzeitquote sogar auf über 60%.

Bei Hilfstätigkeiten liegt der Anteil derjenigen die Teilzeit arbeiten bei Frauen mit 54,9% am höchsten, bei Führungstätigkeiten mit 28,5% am niedrigsten. Bei Männern liegen   hochqualifizierte Tätigkeiten (19,7%) vor den Hilfstätigkeiten (15,1%), aber auch hier liegt der Anteil der Führungskräfte in Teilzeit bei nur 7,5%

In welchen Branchen wird Teilzeit gearbeitet?

Bei Frauen liegt die Teilzeitquote in der Landwirtschaft (36,3) sowie der Herstellung von Waren (36,6%) am niedrigsten, im Handel (55,2%) bei wirtschaftlichen Dienstleistungen (57,8%) und im Gesundheitswesen (61,6 %) am höchsten. Bei Männern ist der Teilzeitanteil am Bau, bei der Herstellung von Waren (6,2) und bei der Öffentlichen Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung (7,5%) am niedrigsten. Am höchsten ist der Teilzeitanteil bei Erziehung und Unterricht (31,3), Gesundheit und Sozialwesen (30,5) und Kunst, Unterhaltung und Erholung (30%) am höchsten.

Aus welchen Gründen wird Teilzeit gearbeitet?

Der überwiegende Anteil der Männer die Teilzeit arbeiten möchten keine Vollzeitstelle (27%) beziehungsweise arbeiten sie aufgrund ihrer Ausbildung Teilzeit (überwiegender Anteil zwischen 20 und 29). Zusätzlich geben 26% sonstige Gründe an, die auch nicht weiter aufgeschlüsselt werden. Bei Frauen sind bei 39 % die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Erwachsenen der Grund für die Teilzeit, bei Männern macht dieser Anteil nur 8% aus, was zeigt, dass diese Aufgaben traditionell noch immer bei den Frauen liegen.

Analog zu den Männern liegt auch bei Frauen zwischen 20 und 29 der Anteil die für die Ausbildung Teilzeit arbeiten am höchsten.

Generell gibt es auch nicht immer die Möglichkeit Vollzeit zu arbeiten (7%). Manche Branchen wie der Handel bieten im Verkauf eher Teilzeitarbeit an, um die Öffnungszeiten gut abdecken zu können.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, würde ich die Auswahlmöglichkeiten für die Statistik erweitern. Es wäre nämlich interessant, was die anderen persönlichen oder familiären Gründe tatsächlich sind um auch Handlungsoptionen ableiten zu können. Bei einer nicht objektiven Umfrage auf Twitter ist mir zurückgemeldet worden, dass (psychische) Erkrankungen, aber auch Selbständigkeit, die (noch) nicht ausreichend Geld bringt, eine Rolle spielen.

Wie liegt Österreich im Vergleich?

Teilzeitarbeit ist wie oben ausgeführt in Österreich weiblich. Der geschlechtsspezifische Abstand der arbeitszeitbereinigten Beschäftigungsquote (19,2 Prozentpunkte) ist der dritthöchste in der EU.  Österreich liegt mit der Beschäftigungsquote im unteren Drittel. ( AK Arbeitsmarktmonitor 2023 )

Der Anteil der Beschäftigten, die aufgrund von Betreuungspflichten Teilzeit arbeiten, ist fast dreimal so hoch wie im EU 27-Schnitt (gesamt 3,7%, Frauen 7,4%). Im Schlussfeld findet sich Österreich zudem bei der betreuungsbedingten Inaktivitätsquote (0,6%). 23,0% der Kinder unter drei Jahren besuchen in Österreich eine formale Betreuungseinrichtung (EU 27 35,9%). Die Betreuungsquote sinkt auf 8,4% (Schussfeld), wenn eine zeitliche Nutzung von mindestens 30 Stunden pro Woche berücksichtigt wird (EU 27 22,6%). Die Kinderbetreuungsquote für unter 3-Jährige bei einer zeitlichen Nutzung von 30 und mehr Stunden pro Woche ist in fast allen Spitzenländern überdurchschnittlich (EU 27 22,6%).

Fazit: Der Hebel liegt bei der Kinderbetreuung. Dies ist aus meiner Sicht ein kulturelles Thema („Wieso bekommt man denn Kinder, wenn man sie ohnehin in Betreuung gibt, hat wohl manche berufstätige Mutter schon gehört“) aber auch ein strukturelles, denn nicht überall ist die Kinderbetreuung (leistbar) in diesem Ausmaß möglich.

5 Tipps für Arbeitnehmer:innen die Teilzeit arbeiten wollen

  • Teilzeit ist weiblich und das kann Altersarmut bedeuten, wenn man nicht die entsprechende Vorsorge trifft. In Folge 31 des Lebenswege Podcasts habe ich mit Dr. Marietta Babos, der Gründerin von Damensache darüber gesprochen. Einen Mythos, den sie aufklärt ist, dass auch Akademikerinnen von Altersarmut betroffen sein können. Alle die jetzt um die 40 könnten durch Studium, Kinderbetreuung und danach vielleicht noch Pflege der Eltern kaum Vollzeitperioden haben. Marietta Babos‘ Tipp für alle Frauen: Bitte vor der Kinderplanung mit dem Mann über Finanzielles sprechen und sich gut absichern (Und umgekehrt falls der Mann in Karenz geht)
  • Stell dir die Frage: Was kann ich, beziehungsweise muss ich, neben der Teilzeit machen? Und kann ich eine gewisse Flexibilität vereinbaren? Kann ich zum Beispiel um 14.30 die Kinder holen und dann abends noch weiterarbeiten? Sehr oft wird das aus Pflichtgefühl gemacht, aber eben nicht bezahlt. Diesen Tipp hat Gehaltsexpertin Martina Ernst mir und allen Hörer:innen in Folge 136 des Lebenswege Podcasts mitgegeben.
  • Eine Abwägung der Interessen machen, bevor man auf eine 4 Tage Woche wechselt. Ist es auch möglich an 4 Tagen/ Woche Vollzeit zu arbeiten (verbunden mit der Frage kann und will ich das) oder arbeite ich 4 Tage und bekomme ich 32 Stunden bezahlt. Erfahrungsgemäß findet hier oft eine Arbeitsverdichtung statt, da man Vollzeitaufgaben in weniger Zeit bearbeiten muss.
  • Jobsharing ist noch nicht weit verbreitet, könnte aber auch eine Lösung sein. Wieso nicht einen Jobzwilling suchen, mit dem man sich versteht und sich gemeinsam bewerben. Dadurch vergrößert sich der Stellenmarkt und man kann auch weniger Tage als die sonst üblichen 4-5 arbeiten
  • Karriereplanung vor den Kindern machen und dann nochmal in der Karenz adaptieren. Vor den Kindern kann man evaluieren, wie Arbeitgeber mit Elternteilzeit umgehen und welche Möglichkeiten angeboten werden. Denn ob Sommercamp, Betriebskindergarten oder ähnliches, es gilt in Zukunft viele Ferien abzudecken. Die meisten werdenden Mütter habe ich zu optimistisch erlebt, was das Stundenausmaß betraf, bevor die Kinder da waren. Daher würde ich das gezielt in der Karenz festlegen. Welche Aufgaben möchte ich danach machen, in welchem Stundenausmaß und in welcher Lage soll die Arbeitszeit verteilt sein. Was kann der Partner übernehmen und was mache ich- wer bringt das Kind zur Betreuung zum Beispiel. Am besten bespricht man die Vorschläge mit der Führungskraft, gemeinsam kommt man hier zur besten Lösung. Trotzdem ist es wichtig die Fristen für die Einreichung der Elternteilzeit nicht zu versäumen, daher empfiehlt sich das Gespräch früh genug zu machen (je nach Unternehmensgröße ist der richtige Zeitpunkt unterschiedlich, am besten noch vor der Karenz bei HR oder der Führungskraft nachfragen, wie das üblicherweise gehandhabt wird) 

5 Tipps für Arbeitgeber die Teilzeit anbieten wollen

  • Optimale Arbeitszeitverteilung überlegen und auch in die Stellenanzeige schreiben. So spricht man die richtigen Bewerber: innen an. Klingt logisch, wird aber derzeit noch zu wenig genutzt.
  • Arbeitszeitmodelle adaptiert an Lebensrealitäten anbieten. Ist natürlich mehr Arbeit in der Administration, aber nicht jede:r braucht eine 4-5 Tage Woche mit Arbeitsstunden am Vormittag. Hier wird Potential liegen gelassen, da Kinderbetreuung nur 1 Grund für Teilzeit ist.
  • Differenzierung am Arbeitsmarkt. Derzeit können nur wenige Führungskräfte in Teilzeit arbeiten. Auch hier steckt Potential, das man durch Topsharing heben kann. 
  • Ist die Unternehmenskultur bereit für Männer die Teilzeit arbeiten? Wenn nicht, kann HR entsprechende Strategien überlegen.
  • Cross-check zwischen dem was Mitarbeiter: innen gerne hätten und was angeboten wird. Alles wird naturgemäß nicht möglich sein, aber oft können kleine Stellschrauben (zum Beispiel Flexibilität bei der Mittagspausenlänge) schon viel bewirken

Fazit: Teilzeitarbeit ist weiblich, mit 39% ist der häufigste Grund die Kinderbetreuung bzw. Pflege von Erwachsenen. Es gibt aber auch andere Gründe Teilzeit zu arbeiten und Unternehmen sind gut beraten sich entsprechende Modelle dafür zu überlegen, um nicht das Potential liegen zu lassen, denn die nächste Pensionierungswelle steht vor der Tür.

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